Mittwoch, 25. Juni 2008

NOWOKUSNEZK Новокузнецк; BIKER PARTY

Epilog :

Es ist immer wieder faszinierend. Kaum sind wir länger als einen Tag an einem Ort, fühlen wir uns fast schon zuhause. Die herzliche, offene Gastfreundschaft Russlands wärmt die Seele und das Herz – wir kommen als Fremde, reisen durch die Heimat unzähliger Menschen, die uns nicht kennen. Ihr Leben hat seine eigenen Schwierigkeiten- aber immer haben sie mindestens einen guten Wunsch, ein freundliches Wort, Hilfe, oder eine Einladung in ihr Zuhause für uns.

Oft fragen wir uns, warum uns das immer wieder auf unseren Reisen so sehr auffällt . Ist es , weil wir bei uns diese Herzlichkeit vor lauter Karriere und Lifestyle nicht mehr finden können. Weil wir unsere Türen verschliessen , um unsere dahinter vermeintlich verborgenen „Werte“ zu beschützen.
Oder weil wir in Deustchland seit Jahrhunderten kein wirkliches Einwanderungsland mehr sind, immer am gleichem Ort, in der gleichen Gruppe unser Leben verbringen.
Wärme , Offenheit , Hilfe , Gastfreundschaft – all das erleben wir auch zuhause- trotzdem begleiten uns diese Gedanken auf der ganzen Reise. Und sie sollten noch sehr viel intensiver werden- auf dem Weg zu den Menschen dieser Welt.

Zurueck ins Altai.

Spät in der Nacht verabschieden wir uns herzlich von Sergej und seiner Familie.Es faellt uns schwer , weiterfahren zu müssen. Aber gleichzeitig freuen wir uns sehr auf Shem und unsere Bikerfreunde aus Kemerobo.

Malerische Strecken saeumen unseren Weg auf Shems „Beautiful Marschroute“ zurück nach Novokuznetsk. Nur noch wenige Kilometer und einige Hügelketten trennen uns vom Festivalgelände der dortigen Biker. Wir sind als „Ehrengäste“eingeladen – und wir sind stolz über soviel Anerkennung.
Wer russische Biker kennt, weiß diese Ehre zu schätzen. Mitglied in einem russischen Bikerclub zu werden, hat nichts mit Geld oder der Größe des Motorrads zu tun.

Immer aber mit Charakter, Beständigkeit, Treue, Freundschaft, Friedlichkeit, Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft oder wie Shem und Sascha es uns erklärt haben :

„You have to be good man for long long time and ride a lot.“

So erklärt sich auch sehr vieles von dem , was wir in den nächsten 3 Tagen erleben sollten !

Bevor wir aber auf das NOWOKUSNEZK Новокузнецк;-Bikefest kommen sollten gab es noch etwas anderes zu erleben.

Es war heiß !

Es war richtig feucht in der Luft.

Seit einigen Stunden konnten wir sie schon sehen.

Und sie wurde immer riesiger. Wenn wir beide so etwas beim Paragliding entdecken , gehen wir landen. Flugkapitäne machen um solche Monster einen Riesenbogen von mehreren Hundert Meilen.

Wir müssen auf unserem Weg mittendurch.

Schwarz, mindestens 10 km hoch, gewaltig.

Während wir noch ueber Funk diskutieren , ob wir die Regenklamotten bei diesem Dampf in der Luft gleich anziehen sollen, oder erst , wenn es wirklich anfängt zu regnen, nimmt uns Mutter Natur die Antwort ab.

Sofort. Unmissverständlich.

Die Masse an Wasser , die aus dem Nichts aus diesem schwarzen Gewittermonster auf uns herabstürzt, gibt uns das Gefühl, irgendwo zwischen Indiens Monsun und Chinas gbrochenem YangTse-Staudamm geraten zu sein.
Zu allem Überfluß sind wir auch noch auf einer Hochebene gnadenlos den Gewitterboen ausgesetzt. Und weit und breit die einzig herausragenden Metallteile mit unseren Bikes, während um uns herum die Blitze aus dem Himmel zucken.
Bis wir unsere Regenklamotten raushaben, sind wir schon klatschnaß.
Gewitterwolken haben immer 3 Zonen. An ihrem Rand entsteht der maximale „Downwash“ Heftige Regenfälle und starke Abwindfelder lassen die Welt untergehen. Im „Auge“ des Sturms wird es wie bei einem Hurrican ehrer ruhig .
Kaum Regen und weniger Wind lassen einen hoffen- wer sie aber kennt, weiss, das es am anderen Rand nocheinmal heftig wird.
Und als wir das scharze Loch verlassen , sind wir fast schon am Festivalgelände- ueber dem die Sonne strahlt. Kein Tropfen ist hier gefallen. Aber ohne unsere tägliche Gewitterwolke würde uns schon langsam etwas fehlen.

Die naechsten 3 Tage sollten uns aber für jeden einzelnen Regentropfen unterwegs entschädigen.

Schon am Eingang werden wir von den Praesidenten verschiedener Clubs empfangen – und natürlich von SHEM !

Schnell finden wir unsere Cerberus Bikers aus Kemerobo wieder – und genausoschnell sind wir DAS Gesprächsthema auf dem Fest. Werden interviewt für das lokale Fernsehen und treffen eine fantastische Menge einfach guter Typen- Biker eben.

Freie Männer und Frauen- vereint durch etwas, was mancher einfach niemals wird verstehen können: Motorräder.

Was Novosibirsk in klein war , dürfen wir jetzt in seiner ganzen Größe und Lebensfreude erleben: Ein russisches Bikerfestival in Sibirien.

Wie die meisten sibirischen Städte ist auch die Geschichte von Nowokusnezk eine eher kurze. Unter kommunistischer Herrschaft entstand in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts aus der eher kleinstädtischen Struktur eines der größten Industriezentren Sibiriens zur Versorgung des stetig steigenden Energiebedarfs mit Kohle in der wachsenden Industriegesellschaft.
Die Region ist auch heute noch geprägt von Bergbau und Stahl Was wir am Anfang immer für Militärhelme bei den Bikern gehalten haben , sind in Wirklichkeit die Helme der Minenarbeiter.
Eine Tradition , die auch heute noch bei den Biken Sibiriens geehrt wird. Heute wie damals ist das Arbeiten in den Minen Sibiriens einer der gefährlichsten und anstrengendsten Jobs auf dieser Welt. Vielleicht ist es dieses Bewusstsein der eigenen Tradition – es ist eine klassenlose Gesellschaft , bunt , lebensfroh, die sich hier trifft. Den ganzen Tag treffen Biker aus allen Ecken Sibiriens ein. Und es ist völlig egal, wer welches Bike fährt, wie teuer oder wieviele PS einer hat.


Wer du bist – das zählt.

Tucholsky hat einmal gesagt : „Haben, sein und gelten – das einer alles hat ist selten.“
Nie habe ich das SEIN mehr gespürt als bei den Bikern Russlands.

Danke, dass wir Eure Gaeste sein durften.







































Und ein Highlight wollen wir ja nun aber auch garnicht vergessen -wie die Russen die Holländer mit 3:1 von der Fussball-Europa-Meiterschaft nach Hause geschickt haben - schoener konnte das Fest ja nun wirklich nicht mehr werden :-)