Sonntag, 15. Juni 2008

Dienstag. 3. Juni Kilometerfressen in Sibirien ist angesagt

Von Barnaul brechen wir frueh morgens Richtung Krasnojarsk auf. Im Moment bestimmt leider die Reparaturlogistik unser Heading. Um ueberhaupt noch eine Chance auf die Mongolei zu haben, muessen die Bikes in technisch einwandfreiem Zustand sein. Der Anlasser zieht den Motor zwar noch einwandfrei durch. Das Risiko weit abseits jeder Zivilisation und Transportmoeglichkeit mit dann evtl. komplett defektem Anlasser ohne Kickstarter und mit vollem Gepaeck in einer steiilen Gelaendpassage den Motor abzuwuergenund dann kaum noch loesbare Problem zu bekommen, ist einfach zu gross.


Wie waere es denn einfach mal, wenn ein grosser Hersteller wie BMW seinen im Vierfarbdruck grossartig angepriesenen Reiseenduros wieder wenigstens einen optional nachruestbaren Kickstarter mit auf den beschwerlichen Weg um die Welt geben wuerde. Unsere DR 600 Suzukis sind damit jahrelang und weltweit problemlos gestartet.


Es gab etliche vermeintlich gute Gruende , sich im Vorfeld MANGELS vernuenftiger Alternativen anderer Hersteller fuer die BMW zu entscheiden - der fehlende Kickstarter ( KTM laesst an dieser Stelle zumindest laechelnd gruessen) war und ist es sicher nicht. Und warum BMW kein Trennrelais zwischen Startereinheit und laufendem Motor kennt, wuerden wir wirklich gerne von einem Entwickler erfahren - aber GANZ sicher gibt es dafuer eine richtig zwingenden Grund ! ??? Unser Vorschlag : KEEP IT SIMPLE AND SAFE FOR TRAVELLING !


Dies umsomehr, als wir nicht sicher sein koenne, dass das Problem wirklich im Anlasser sitzt, der nach dem Starten selbst nicht ausrueckt, sondern ueber ein Freilaufradd und einen Freilaufkoerper vom Antrieb getrennt wird. Schaden an dieser Stelle koennte einen kompletten Ausfall der Maschine bedeuten, im unguenstigen Fall ein blockierender Antrieb.

Wir haben in diesem Moment keine Alternative .

Die Entscheidung, einen der schoensten Punkte unserer Reise aus Vernunftgruenden zu umfahren, faellt uns schwer. Aber wir treffen sie. Wo der Bauch sagt, es wird schon halten, zwingt uns der Kopf zu einer kuehlen und rationalen Entscheidung, besser einen Teil der Tour zu opfern, als am Ende das ganze Projekt zu gefaehrden.

Wir fahren also stattdessen ueber Novosibirsk nach Krasnojarsk. Weit ueber 1000 km Umweg liegen vor uns, um den letzten russischen BMW-Haendler mit Motorradlogistik zu finden.
Ob sich unser Problem aber loesen lassen wird, werden wir auch erst vor Ort erfahren.


Auf unserem Weg nach Osten treffen wir Sascha Maross, den "Praesident" der "Other Men", eines Motorradclubs aus Omsk/ Er Haelt mit seine Sohn an, als er uns sieht, wir unterhaklten uns eine Weile und er gibt uns seine Telefonnummer, falls wir unterwegs irgendwelche Hilfe brauchen sollten. In diesem Moment koennen wir noch nicht wissen, wie wichtig diese Nummer fuer uns bald, sehr bald werden sollte.

Die Strassen sind gesaeumt von teils sehr sumpfigen Birkenwaeldern, die immer wieder von grossen Ackerflaechen abgeloest werden. Malerisch wirken die kleinen Doerfer mit ihren eingeschossigen, geduckten Holzhauesern, deren einzige Farben die meist in verblichenem blau oder gruen gestrichenen Fensterlaeden sind.

Was auf den Durchreisenden Westeuropaer wie eine wildromantische heile Welt aussehen mag, muss bei 40 Grad minus im Winter mit Aussentoilette und fehlender Isolierung eine manchmal gnadenlose Realitaet sein.
Was aber auch die romantische Verklärtheit Sibiriens nicht verhindern kann - immer öfter schlagen riesige Bremsen auf unseren Visieren auf - wir wollenuns nicht vorstellen, dass diese blutgierigen Geschosse direkt in unseren Augen landen - und lassen die Visiere einfach zu.

Viele hundert Kilometer spaeter suchen wir uns muede und abgeschlagen einen Zeltplatz in den sibirischen Waeldern. Wie jede Nacht beginnt auch jetzt wieder der Auslandseinsatz unseres Bundeswehr-Insekten-Abwehrschilds gegen die in einfach nur noch als scharze Wolken zu beschreibende einheimische Insektenarmee !

Dank Hombres australischer Moskitokopfnetze (einer unserer wichtigsten Ausruestungsgegenstaende und ich gebe zu , dass ich am Anfag gedacht habe, sie seien unnoetig) und unserer ausgefeilten Technik, in voller Montur innerhalb rekordverdaechtiger 12 Millisekunden ins Zelt zu schluepfen, verlassen wir diesmal als klarer Punktsieger das Schlachtfeld.

Das Baba am naechsten Tag ueber 30 Stiche durch die Mesh-Belueftung der Motorradhose erhalten hat, ist den Punktrichtern an dieser Stelle aber entgangen.

"Dankenswerterweise" sind die Stiche dieser Biester beim Stechen selbst weitgegend schmerzfrei und jucken nicht am gleichen Abend, sondern schwellen erste einen Tag spaeter dick an und entfalten ihr volles Juck-beiss-kratz-Potential dann ueber 4-5 Tage !

Den naechsten Ungluecklichen, der uns mit irgentetwas wie "oh-wie-klasse-6-Monate-Urlaub-neidisch-bin" beglueckt, werden wir fuer nur eine Nacht nur mit Badehose hier draussen festbinden - it's a promise !

Ansonsten sind wir einfach gluecklich Maenner zu sein, und den Biestern zum Pinkeln nur relativ kurzfristig eine Angriffsflaeche bieten zu muessen. Wer an einem wie-pinkle-ich-im-Dauerlauf-Training teilnehmen will, soll uns einfach eine mail schreiben, wir geben unser Wissen gerne weiter :-)

Kurzfristige Versuche, die Anzahl der Biester durch Einsatz von selbstgebauten Flammenwerfern, 2armiger Artillerie oder sonstiger Direktangriffe zu reduzieren, sind reine Energieverschwendung und taugen allenfalls fuer Deutschlands lustigstes Heimvideo !

An Kochen ist nicht zu denken, so dass ein Teil der Taktik ist , unterwegs etwas gegessen zu haben , bevor wir uns einen Zeltplatz suchen - ach ja - die Biester sind uebrigens tag -und nachtaktiv und stechen ganz problemlos auch durch Socken und T-shirts .

Nur tote Mosquitos sind gute Mosquitos !


Gute Nacht aus Sibirien !


Hombre und Baba