Am Morgen des 9. Juni kommen wir spaeter los als geplant. Grund dafuer ist nicht nur der lange Abend mit Ingolf und Horst, sondern dass ploetlzich ein umgebauter 4-Rad-MAN und ein Landrover mit Schweizer Kennzeichen neben uns stehen.
Heraus steigen Ruth, Pepe , und Ihre Soehne Jon und Nico - eine richtig klasse und weitgereiste Schweizer Familie auf Ihrem Weg in die Mongolei.
Es gibt viel zu erzaehlen, planen sie doch in umgejehrter Richtung wie wir in die Mongolei zu fahren, so dass wir hoffen, sie auf den nicht wirklich vorhandenen Strassen in der Mongolei irgendwann wiederzutreffen . Ihr findet mehr von ihnen unter http://www.amflo.ch/
Gute Reise Euch allen ( und schoen zu lesen, dass Ihr Euren Laendi in der Mongolei wieder flottbekommen habt. Hoffentlich bleiben unsere "TOEFFS" (das ist der Schweizer Ausdruck fuer ein Motorrad ) von weiteren Problemen verschont.)
Einige Kaffees spaeter und nach dem herzlichen Abschied von zuerst Horst und Ingolf und danach unseren Schweizern fahren wir guter Dinge weiter Richtung Kemerobo und Novosibirsk.
Die Strasse ist sehr gut, einwandfreier Teer, es ist sonnig, keine Wolke am Himmel.
Diese Ruhe sollte mehr als truegerisch sein.
Die mittlerweile schon etwa flacher stehende Sonne wirft dunkle, lange Schatten ueber die komplette Strasse. Kontraste sind kaum zu erkennen, aber der sehr gute Strassenbelag wiegt uns in Sicherheit, als es passiert:
Direkt vor Babas Bike scheppert ein LKW ungebremst in ein nicht erkennbares Schlagloch in Doppelfamiliengrablaenge. Eine gr0sse und schwere Metallwerkzeugkiste springt irgendwo von der Ladeflaeche, Werkzeuge und Eisenstangen wirbeln umeinenander und fliegen durch die Luft. als Babas Dakar in genau diesem gleichen Schlagloch einschlaegt.
Wie auch immer schafft es eine der Eisenstangen, sich als moerderischer Hebel zwischen die Basis des WP-Federbeins und die Umlenkhebel zu verkeilen. Gemeinsam mit dem maximalen Einfedern im Schlagloch laesst es einen Riesenschlag hinten im Fahrwerk und Babas Bike faehrt sich ploetzlich wie ein Chopper.
Wir funken uns sofort an und stoppen, um herauszufinden , was passiert ist. Aber wir spueren, dass es nichts gutes sein kann....
Schon beim Abstellen bekommen wir das Bike kaum auf den Haupstaender, unter der Federbeinaufnahme "blutet" eine handtellergrosse Oellache heraus. Schnell entdecken wir die Ursache :
Die Eisenstange hat sich irgendwie mit Hebelkraft verkeilt und beim Einfedern dann die massiv und unzerstoerbar wirkende Federbeinbasis unseres geliebten WP-Federbeines abgerissen, das uns bis dahin so klaglos ueber alle Meteoritenkrater hatte hinwegschweben lassen.
Babas Fluchen muesste man eigentlich bis nach Hause gehoert haben : Hatten wir uns mit dem Geraeusch im Freilaufkoerper irgendwie arrangiert, standen wir jetzt vor einem richtigen Problem !
Ersteinmal mussten wir bei 30 Grad im Schatten mal wieder versuchen, kuehlen Kopf zu bewahren. Die erste Anlayse der Situation zeigt klar, dass an ein Weiterfahren ins ca. 25 km entfernte Kemerobo nicht zu denken ist. Waehrend wir ueberlegen, ob Hombre vorfahren soll, um Hilfe zu organisieren, erinnern wir uns an die Worte von Sascha Maross, dem Prasidenten der "Other Men" aus Omsk:
"If you need any help or have any problem in Russia or Siberia -call me! "
Was ab hier passiert ist eines der Bikermaerchen, wie sie so wohl nur Motorradfahrer erleben duerfen - wir konnten es in diesem Moment nicht wissen - aber als wir richtig im Dreck stecken treffen wir auf die groesste Hilfsbereitschaft, die wir in vielen hunderttausenden Motorradkilometern erleben durften und auf Menschen, die fuer immer ihren Weg in unsere Herzen gefunden haben !
Wir rufen die Telefonnummer an, die Sascha Maross uns an der Strasse gegeben hatte - als wir ihm unser Problem erklaert haben, bitte er uns, eine halbe Stunde auf seinen Rueckruf zu warten.
In dieser Zeit fahren mehrere auslaendische Bikes an uns vorbei, bis ploetzlich Mike und Dan auf 2 BMWs anhalten - die beiden sind die Tourguides einer 12koepfigen organisierten Reisegruppe, der http://www.globeriders.com/ , unterwegs von China zu den BMW- Motorradtagen von 4.-6. Juli in Garmisch - wenn Ihr Sie dort trefft und Interesse an organisierten Touren habt, ist das ganz sicher eine gute Adresse !
Die Truppe hat ein Servicemobil dabei, und Dan und Mike lassen uns Babas Dakar in den Truck laden, um uns bis ins Hotel der Globeriders in Kemerobo abzuschleppen. Auf der Fahrt unterhalte ich mich noch mit Henry, einem sehr angenehmen amerikanischen Zeitgenossen, den ein Russe mit seinem Auto von seiner KTM geschossen hatte. Mit luxierter und reponierter Schulter ist die Tour fuer Ihn leider zu Ende. Er laesst es sich aber nicht nehemn, bis zum Schluss bei seinem Team zu bleiben. Nach interessanten Hintergrundinfos ueber die laufende amerikanische Praesidentenwahl kommen wir mit einer Einladung nach San Francisco auf dem Parkplatz des Hoetels an.
Baba Bike ist ein trauriger Anblick : Wie ein Adler mit gebrochenem Fluegel steht sie da, tiefergelegt wie ein Mutant nach einem misslungenen Gentest als Kreuzung zwischen Harley und Motocrossbike -und irgendwie passt Henry mit seiner in einer russischen Klinik eingegipsten Schulter gut zu diesem Bild.
Aber genau wie er muss auch unser Bike wieder fit werden, wenn die Tour weitergehen soll !
Und sein Optimismus ist ein ansteckender erster Lichtblick fuer uns.
2 Jahre Vorbereitung, Planung, Schrauben und Machen und ein Lebenstraum stehen auf der Kippe! Wir liegen gut im Zeitplan, haben aber keine Ahnung, welche Loesungen es gibt und vor allem, was wie lange dauern wird.
Telefonate werden hin und hergefuehrt, Sascha, der russische Tourmanager der Globeriders ist uns eine grosse Hilfe, und nach einer halben Stunde fahren die
Babas Bike wird erneut auf den Transporter gehoben, verzurrt und die ganze Kolonne faehrt erstmal durch die halbe Stadt zur Werkstatt von Sergej Nickname "Tashkent".
In der Vielzahl von gleichen Namen sind es die Spitznamen der Biker, die uns helfen, alles richtig zuzuordnen. Tashkent ist ein ehemaliger professioneller Crossfahrer und er Spezialist fuer Fahrwerksprobleme in der Stadt. Er sieht unserern Gesischtern die Sorge an, meint aber, dass er eine Loesung finden wird. Wir wissen zu diesem Zeitpunkt noch nicht, welcher Magier Sergej in seiner Werkstatt ist.
Wir lassen beide Bikes und Schluessel komplett in der Werkstatt und mit unserem Gepaeck faehrt die Kolonne wieder in Richtung Innenstadt.
Shem hat inzwischen mit seinem 24-Stunden-aktiven-Handy eine Unterkunft in einem Appartment fuer uns organisiert - und wie gross ist unsere Ueberraschung als wir dort John treffen !
John ist ein in Hongkong lebender schottischer Biker auf dem Weg von Hongkong ueber Vladivostok nach Schottland und hat die Killerstrecke aller Fahrwerke von Tschita nach Vladivostok bereits hinter sich - auf einer in Indien gebauten Royal Enfield Bullet, die auf den Namen Mr. Thompson hoert.
Hatte ihn die Strecke nach Tschita nicht kleinbekommen, so sind ihm leider doch Zylinder und Kolben verbrannt, nachdem er durch den nachtraeglichen Einbau einer elektronischen Zuendung eigentlich gehofft hatte, die Probleme der Unterbrecherzuendung loszuwerden.
Er hat fast 2 Wochen auf Kolben und Kolbenringe gewartet und versucht jetzt, seine Zylinder auf Uebermass geschliffen zu bekommen. Auch ihn haben die Cerberus-Biker unter ihre schuetzenden Fittiche genommen - und wenn ueberhaupt jemand aus dieser Truppe besonders zu erwaehnen ist , dann ist es immer wieder SHEM !
Alle, aber wirklich alle Quellen und Connections werden mobilisiert und aktiviert - und auch wenn wir diesen Tag nicht gebraucht haetten - wir spueren, dass wir in guten Haenden sind und dass es weitergehen wird - wie auch hier im Blog - aber erst morgen, da das www-cafe gerade schliesst.
Gute Nacht !
Hombre und Baba ( die jetzt in Kemeobo im Lenin Prospect 96 wohnen )